1. Augustansprache von Einwohnerratspräsident Raphael Spörri

Liebe Krienserinnen und Krienser

Geschätzte Gäste und Anwesende

 

Wer von ihnen konnte schon eine 1. Augustansprache halten? Ich nehme an nicht viele, ist dies doch nicht selbstverständlich. Ich freu mich riesig dies heute zu tun, versichere ihnen aber gleichzeitig, dass schon ein bisschen Herzklopfen mitspielt. Nichts desto Trotz frage ich sie: Was feiern wir denn heute eigentlich? Gibt es überhaupt etwas zu feiern? Wen feiern wir?

Natürlich, werden sie sagen, es ist der Nationalfeiertag. Der Geburtstag unseres Staates. In der Schweiz feiern wir bekanntlich den 1. August in Erinnerung an den Bundesbrief von 1291. Der sogenannte Bundesbrief datiert auf Anfang August 1291 und ist der bekannteste von mehreren Bundesbriefen und gilt in der traditionellen und populären Geschichtsschreibung als die Gründungsurkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Also im wahrsten Sinn des Wortes ein Geburtstagskarte! Und wenn es ja ein Geburtstag ist, wie feiert man einen solchen? Wie feiert man Geburtstage überhaupt? Die meisten von ihnen, liebe Krienserinnen und Krienser, konnten sicher schon einige Geburtstage feiern. Und, wie haben sie diese gemeistert? Mögen sie sich erinnern? Ich zum Beispiel lade gerne Gäste ein. Die Zeiten des ausgelassenen Feierns sind vorbei. Darum mag ich es lieber ruhig und gemütlich. Gute Gespräche bei einem feinen Wein oder einem guten Kaffee und mit einem Stück Geburtstagskuchen dazu. Feiern also mit Freunden und Kollegen. Privat würde man vielleicht noch Nachbarn, Schulkollegen oder Personen die einem gerade in diesem Lebensabschnitt nahe stehen dazu einladen.

Und wie ist es nun an einem Nationalfeiertag? Was sind denn Freunde und Kollegen? Wären dies nur Schweizer, oder kämen auch Ausländer in Frage? Freundschaft ist nicht landesabhängig. Also öffnen wir doch unseren Herzen und machen, wie privat auch, unseren Kollegen- und Freundeskreis etwas grösser, und laden Menschen ein die uns heute nahe sind. Menschen die mit uns arbeiten, sich mit uns freuen oder Menschen die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind … und lassen sie an unserer Geburtstagsparty teilhaben. Teilen wir mit ihnen Kuchen und die Freude wieder ein Jahr älter und weisser geworden zu sein.

Einer welcher dieses Jahr einen runden und hohen Geburtstag feiern könnte ist uns allen sicher bekannt. Natürlich, es ist Bruder Klaus der dieses Jahr seinen 600 Geburtstag feiern würde. Zugegeben, er wurde, und dies ist mir auch bewusst, schon oft für politische Vergleiche gebraucht oder eben auch missbraucht. Trotzdem möchte ich ihn in meiner Rede zu Wort kommen lassen. Er riet uns schon vor vielen Jahrhunderten aufeinander zuzugehen, sich zu öffnen und einander „einzuladen“

So ist aus der Friedensmesse von 2006 folgendes Zitat von Pater Joseph Banz zu lesen:

„Nun wollen wir die Worte des Bruder Klaus im Brief an den Rat zu Bern hören:

„Gehorsam ist die grösste Ehr, die es im Himmel und auf dem Erdreich gibt.“

„Darum sollt Ihr schauen, dass ihr einander gehorsam seid.“

(So die Worte von Bruder Klaus.)

Und weiter schreibt Pater Banz:

„Das heisst zunächst ‚ aufeinander horchen!
Die Ansichten und Anliegen, Sorgen und Freuden, Mutlosigkeiten oder Zukunftsträume des Gegenübers ehrfürchtig aufnehmen und ernst nehmen. Einander ge-horchen’ heisst einander einen Schritt entgegen gehen, miteinander sprechen und Lösungen suchen, die den Anliegen beider Seiten gerecht werden. Diese Mentalität gab es damals im politischen Bereich nicht. Die Eidgenossen waren erfolgreich im Kämpfen, nicht im Verhandeln. Im öffentlichen Leben herrschten oft raue Landsknechtsitten. Niklaus von Flüe stand im Gegenwind. – Er begründete eine neue politische Kultur.“

Wo können wir nicht besser aufeinander horchen und auf einander zugehen als an einer Geburtstagsfeier. Nutzen wir doch diese Gelegenheit heute und tauschen uns aus, diskutieren miteinander und suchen bei Differenzen den besten Kompromiss.

Aber wie hätte Bruder Klaus heute gefeiert? Auch mit Ballons und Kuchen? Ich weiss es nicht. Mit Fahnen aber sicher, waren sie zu seiner Zeit doch sehr bedeutungsvoll. Waren sie doch steter Begleiter bei Kriegszügen, Vereidigungen und Festen. Genau so einfach wie Bruder Klaus sein Einsiedlerleben gestaltet hat, ist auch unsere Landesfahne. Ein weisses Kreuz auf rotem Grund. Einfach, schlicht aber klar. Auch unsere Landesfahne kann ein Symbol der Offenheit sein und lässt verschiedene Interpretationen zu.

Die Landesfahne ist mir nicht nur in der Farbe symphatisch… sie hat ja meine Parteifarbe … sondern auch in ihrer Form. Ist es nun das Kreuz mit Bezug zu unserer Religion, oder unser Land eingebettet von einem satten Rot anderer Staaten. Oder vielleicht doch eingebettet im Rot der Liebe? Ist sie also wirklich so klar, unsere Fahne, wie wir uns dies vorstellen?

Letzte Woche fand ich in einem Geschäft ein Tuch mit möglichen Interpretationen zu unserer Landesfahne. Vielfältig sieht man darauf unsere Landesfahne. Da ist von einer schrägen Schweiz die Rede, (das Schweizerkreuz ist nicht mehr im Zentrum sondern schräg am Rand). Oder von einer kleinkarierten Schweiz (da sieht man den roten Hintergrund aufgeteilt in viele rot-weisse Quadrate und da ist sogar von einer nicht vorhandenen Schweiz die Rede. (Diese lässt sich einfach erklären. Weisses Kreuz auf weissem Grund). Aber dann hat es auf diesem Tuch noch ein Beispiel welches mir am Besten gefällt. Das weisse Kreuz steht nicht mehr im Zentrum umgeben und abgekapselt vom Rest, sondern das weisse Kreuz berührt am unteren Rand das Weiss der Umgebung und öffnet sich somit nach aussen.

Ich möchte sie ermuntern, dass wir diesem Symbol der offenen Schweiz vermehrt Beachtung schenken. Nicht in dem Sinn eine neue Fahne zu kreieren, sondern vermehrt die wahren Werte unseres Landes zu schätzen. Werte wie Vielfältigkeit, Solidarität und eben Offenheit.

Bleiben wir standhaft gegenüber Versuchen uns mit Angstmacherei den Untergang der Eidgenossenschaft einzureden. Begegnen wir solchen Versuchen mit Stärken wie Freundlichkeit und Selbstbewusstsein. Selbst – Bewusst-sein, dass wir genügend Platz an unserem Geburtstagstisch haben. Grenzen wir uns nicht ab, sondern sind wir dankbar, dass wir allen Grund zum Feiern haben. Wir dürfen uns wieder vermehrt bewusst werden, dass es nicht allen unserer Gäste gut geht. Dann gilt es, sie nicht nur einzuladen und als Gäste willkommen zu heissen, sondern ihnen von unserem Geburtstagskuchen etwas abzugeben.

So möchte ich mit demText aus Mani Matter`s Lied „Dene wos guet geit“ zitieren.

 „dene wos guet geit
giengs besser
giengs dene besser
wos weniger guet geit
was aber nid geit
ohni dass’s dene
weniger guet geit
wos guet geit“

Also schwingen wir unsere Fahnen, blasen die Ballons auf und nehmen noch ein Stück von unserem Geburtstagskuchen… Ohne jene Gäste und Freunde zu vergessen denen es nicht so gut geht wie uns. Beginnen wir hier und jetzt, vor unserer Türe, in Kriens, Kantons- und Bundesweit uns zu öffnen. Die Geburtstagsgemeinde zu erweitern. Den Horizont zu erweitern und Änderungen mit zu gestalten. Sich öffnen aufgrund den Worten von Bruder Klaus und sich öffnen mit dem Gedanken, dass es verschiedene Interpretationen von Fahnen, Bildern und Ansichten geben kann. Um allen unseren Anliegen und Glückwünschen ans Geburtstagskind etwas Pfupf zu geben, möchte ich sie auffordern die Ballons an ihrem Platz aufzublasen und den Festsaal so sichtbar einladender, freundlicher und offener zu gestalten.

 

Ich wünsche ihnen allen einen schönen ersten August und eine tolle Geburtstagsparty.

 

 

Kriens, 01. August 2017

Raphael Spörri